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Artist Statement

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Ich verstehe meine Arbeit als visuelle Gedichte. Oft dreht sie sich um zyklische Bewegungen der Natur, wie den Rhythmus von Tag und Nacht, den Jahreszeiten, Ebbe und Flut. Ich arbeite mit Zeichnung, Fotografie, Lyrik, Video, Objekten und Installation. Eine Arbeit kann sich in einem einzigen Medium manifestieren oder in Kombinationen. Dabei formen sich sanfte Orte.

Wenn ich vom Rhythmus von Tag und Nacht spreche, geht es mir auch um den Schlaf. Zu wenig Schlaf fühlt sich an, als würde ich eine dünnere und sensiblere Haut tragen. Erfahrungszuständen wie diesem gehe ich zeichnerisch nach. Diese durchlässigere Grenze zwischen Körper und Welt zeigt sich als behutsame Gewächse.

Die Frage, was die Nacht für eine Oberfläche hat, bringt mich immer wieder dazu, eine Arbeit zu formulieren. Ich entwickle fiktive Gesten und mache diese oder nur Hinweise davon sichtbar. Eine solche Geste ist die Vorstellung, dass ich eine Handvoll Nacht greife und mit in den nächsten Tag nehme. Zu sehen sind handtellergroße Tonobjekte mit der fellartigen Oberfläche der Nacht.

Ich arbeite oft in Serien, die dieselbe Geste wiederholen, wobei die daraus entstehenden Objekte nie gleich sind. Tag folgt auf Tag ohne das der nächste je den vorangegangenen reproduziert. Ich halte diese Serien ohne Anfang und Ende.

Mich interessiert, wie menschliche repetitive Bewegungen mit den zyklischen Bewegungen der Natur interagieren. In meiner Videoarbeit „Versäumung“ versuche ich das Meer am Land festzunähen. Hier stelle ich die wiederholende Bewegung der Hände, die mit der Nadel in das Wasser und den Sand stechen, neben die Wellenbewegungen des Meeres.

Neben den zyklischen Bewegungen ist auch die lineare Bewegung durch die Landschaft, wie das Reisen, relevant für meine Arbeit. Durch das mentale Abtasten der fremden Landschaft und ihrer Veränderungen formen sich Texte. Hier arbeite ich mit der Kombination von Fotografie und Lyrik, um die Verschränkung von Sprache und Landschaft in meine Arbeit zu bringen. Wo Fotografie stumm bleibt, sprechen Worte und wo die Sprache aufhört, erzählen die portraitierten Landschaften. Es geht um die menschenleere, weite Landschaft an sich und ihre spontanen und zyklischen Bewegungen. Schwarz-weiß Fotografien weisen visuelle Verwandtschaften auf zwischen Orten, die geographisch fern liegen. Durch das Reisen entsteht eine subjektive Geographie.

Mit meiner Arbeit möchte ich Nähe und Ferne verrücken, Bewegungen abtasten und am liebsten das Wetter in die Räume holen.

Zarte Phänomene – Lisa Bergmann zur Ausstellung Delicate Entities

Die Straße – Künstlerinnenporträt – Kunstportal Baden-Württemberg

Meisterschülerportfolio – Staatliche Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe

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© Johanna Locher 2023