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Faserdickicht

Erscheint im Katalog „Um mich zu verwirren“ (2022) von Veronica Moroder, anlässlich ihrer Einzelausstellung „Um mich zu verwirren“ im Herrenhaus Edenkoben.

Zur Arbeit von Veronica Moroder: veronicamoroder.com

Anmerkung: Da der Text für einen Katalog geschrieben wurde, funktioniert er besser im Dialog mit den Abbildungen zu Veronica Moroders Arbeit.

FASERDICKICHT

Wie Teppiche in einem Stapel liegen die Farbflächen übereinander, Teppiche, die kaum zu verrücken sind. Wenn ich sie bewegen könnte, ich weiß, es würde sich anfühlen als würde ich den schweren Samtvorhang im Kino, den mit Blei im Saum, zum Bildrand schieben.

Würden hinter den sichtbaren Schichten noch mehr Figuren lungern? Ich glaube, dass die Malereien, die ohne Figuren sind, das nicht die ganze Zeit über waren. Plattgepresst zwischen Teppichen, stelle ich sie mir vor, verstrickt in handlungslose Gesten.

Vielleicht würde meine Hand anschwellen bis sie transparent wird, zöge ich mit all meinem Gewicht an einem der Farbschichtenteppiche. Niemand hat schließlich unendlich viel Materie für seinen Körper zur Verfügung, irgendwann wird sie lichter. Aber meine Hände sind nicht die einzigen hier. Viele davon greifen in die Leere, Hände um Hände, und sie sind nicht gut im Tasten, Halten, nicht gut im Tun. Sie warten oder ziehen sich zurück oder waren einfach immer richtungslos. Sie ragen in die Leere, als hätten sie vergessen, was sie tun.

Könnte ich durch Veronica Moroders Malereien gehen, würde ich lieber durch die Figuren gehen als durch die Zwischenräume. Ich kann nie ganz sicher sein, was genau die echte Materie ist in ihren Bildern. Die Materie hat vergessen, wo genau sie sich versammeln muss. Hier hat sie sich für die Zwischenräume entschieden und nicht, wie sonst, für die Dinge. Die Körper verbleiben in der Materialität einer vagen Erinnerung, während sich deren Umgebung verdichtet bis niemand mehr atmen kann.

Manchmal muss ich an Urlaub denken, mit Ventilator, Sonne, Kleinstadtbrunnen. Ein Gefühl von: ich sollte fröhlich sein, bin es aber nicht. Es ist die Bedrohlichkeit auf den zweiten Blick, die das Unbehagen füttert. Die Gesichter der Figuren, sofern sie zu sehen sind, scheinen fest umschlossen von Verlorenheit.

„Ich wollte doch die Waschmaschine im Auge behalten“. Jetzt ist mein Körper ein Zelt und so fest die Heizung auch ist, sie kann mir nicht helfen, auch nicht die Nacht über den Dachfenstern. Aber es ist schön, ausgestreckt auf einem Teppich zu liegen.

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